Nicht Zurückziehen ins “Schneckenhaus”


22.01.2005 Bericht der Mitgliederversammlung

“Menschen mit Behinderungen müssen am alltäglichen Leben der Stadt teilhaben, sie sollten zum Alltagsbild gehören.” Diese Aussage von Reinhard Schulte-Laggenbeck, Vorsitzender des Beirates für Menschen mit Behinderungen, war der rote Faden für alle Teilnehmer einer Veranstaltung der GAL am Dienstag in der Begegnungsstätte der AWO.

Schulte-Laggenbeck berichtete von der Arbeit des Beirates in den letzten vier Jahren: Die Begleitung der Fachausschüsse, um die Belange von Menschen mit Behinderungen zu vertreten, ist eine kontinuierliche Aufgabe des Beirates. Hierbei ging es um Toilettenanlagen im Bagno, in der Stadtbücherei oder auf dem Marktplatz im Stadtteil Borghorst.

Auch der Umbau der Bahnhaltepunkte im Grottenkamp und in Burgsteinfurt ist nach den Vorschlägen des Behindertenbeirates angepasst worden. So wurde eine Rampe zum Haltepunkt Grottenkamp gebaut, die auch für Kinderwagen sowie bei Fahrrad- und Koffertransporten für Erleichterung sorgen. Ein Wegweiser für Menschen mit Behinderungen für die Stadt wurde erstellt und wird bis April der Öffentlichkeit vorgestellt. “Er enthält die notwendigen Informationen, welcher Arzt, welches Restaurant oder welches Hotel von Menschen mit Handicaps genutzt werden kann”, fügt Eva Jürriens, Mitglied des Beirates, hinzu.

Dr. Stefan Hölzenbein hat ein Einfamilienhaus im Stadtteil Burgsteinfurt gebaut, das im Erdgeschoss barrierefrei ist. Ein Auszug aus dem eigenen Haus ist so nicht mehr notwendig, da sich die Räume den unterschiedlichen Bedürfnissen des Alterns anpassen. Noch in diesem Jahr – so die GAL – soll ein Workshop zur barrierenfreien Stadtgestaltung in Steinfurt angeboten werden.
Die Behindertensportgemeinschaft (BSG) Burgsteinfurt blickt auf eine 50jährige Vereinsgeschichte zurück. “Jetzt wäre der Zeitpunkt, neue Ansätze für den Sport zu entwickeln”, so Siegfried Wischnofski, Vorsitzender der BSG. Ein erster Schritt könnte eine Vernetzung der beiden Stadtteilvereine sein. Er begrüßte, dass das Fitnesszentrum ‚Elan’ bereits vorbildhaft von Rollstuhlfahrern genutzt werden kann. “Für unsere Vereine, die über kein Einkommen verfügen, bedeutet eine Sportstättennutzungsgebühr das Aus”, betonte Wischnofski.

Renate Wiecher (Selbsthilfegruppe “Mittendrin”) betonte, dass die Gruppe seit sieben Jahren intensiv versucht, Öffentlichkeit für die Belange von Menschen mit Behinderungen zu schaffen und den Gruppenmitgliedern das Selbstbewusstsein zu geben, dass auch ihnen die Stadt gehört.

Der Verein “Lernen fördern” setzt sich in Steinfurt für benachteiligte Jugendliche ein. Menschen mit Behinderungen haben auf dem Arbeitsmarkt einen besonderen Bedarf an Unterstützung. “Wir setzen uns für die Finanzierung, Vermittlung und den Erhalt von Arbeitsplätzen für diese Personengruppe ein.” Zwei Kollegen sind für Steinfurt und die umliegenden Gemeinden tätig. Marita Groneik: “Sinnvoll wäre eine engere Zusammenarbeit mit der kommunalen Wirtschaftsförderung, so dass bei Unternehmergesprächen auch auf die Einstellungen behinderter Arbeitnehmer und die diesbezügliche Unterstützung hingewiesen werden kann. Gerade diese Personengruppe will arbeiten und ist aufgrund der fehlenden Mobilität auf Arbeit vor Ort besonders angewiesen.”

Die Regenbogenschule ist mit 21 Kindern die Grundschule im Kreis Steinfurt, die die meisten Kinder mit Behinderungen integrativ beschult. “Sinnvoll ist es, mindestens fünf bis sechs dieser Kinder in eine Klasse zu integrieren. Trotz Seh-, Geh- oder geistiger Behinderung sind Kinder vorrangig Kinder, die lernen, spielen und das Leben anpacken möchten und dies geht am besten vor Ort, gemeinsam mit den Nachbarkindern”, ist Schulleiterin Jutta Ritter überzeugt.

Die Nikomedeshauptschule ist für sechs Kinder im nächsten Schuljahr der nächste Schritt in eine größere Unabhängigkeit. Ritter: “Sie sind selbstbewusst sowie aufgeschlossen und werden ihren Weg gehen.”.

Zum neuen Schuljahr konnten nicht alle Anmeldungen berücksichtigt werden. Hier wird der Elternwille eindeutig nicht berücksichtigt. Besonders schwer trifft es die Burgsteinfurter Familien, die kein adäquates Angebot haben.

Die GAL will eine regelmäßige Weiterführung dieser Gespräche fortsetzen, um für die Interessen der Bürger mit Behinderungen eine Lobby und eine Plattform zu schaffen.