Persönliche Erklärung zur Sitzung des Stadtrates am 29.10.2008 von Christian Franke zu den Vorwürfen im offenen Brief an die GAL vom 14.09.2008

Meine Damen und Herren,

Herr Bürgermeister,

vier der Steinfurter Ratsfraktionen haben heute vor sechs Wochen einen offenen Brief an die GAL-Fraktion verfasst. Dieses Schreiben habe ich eine gute Woche später in meinem Postfach vorgefunden; den Inhalt konnte ich zum Glück schon viel früher von der Homepage einer Steinfurter Tageszeitung herunterladen.

In diesem Schreiben setzten Sie der GAL-Fraktion eine Frist bis zum heutigen Tage für eine öffentliche Erklärung. Mein Respekt vor dem Rat gebietet es, dieser Forderung nachzukommen und eine Stellungnahme abzugeben.

Ich erlaube mir, hierzu auf Textpassagen des offenen Briefes zurückzugreifen.

Vorab möchte ich Sie kurz über den aktuellen Informationsstand in meiner Fraktion in Kenntnis setzen:

1. Aus der Tagespresse haben wir davon erfahren, dass die an öffentlichen Plätzen in Steinfurt ausgelegten Kopien des KPMG-Prüfberichtes angeblich identisch sind mit dem Original-Exemplar des GAL-Vertreters in der Gesellschafterversammlung der Stadtwerke.

2. Gerüchteweise haben wir davon gehört, dass als Erkennungsmerkmal der Abgleich der Unterschrift des Wirtschaftsprüfers auf dem Originalbericht und auf den ausgelegten Kopien dienen soll.

3. Bis zum heutigen Tage hat weder die Oberstaatsanwaltschaft noch eine ermittelnde Behörde Kontakt zu Vertretern der GAL aufgenommen.

4. Wir sind bereit, in einem ordentlichen Verfahren ehrlich, aufrichtig und konstruktiv unseren Beitrag zu leisten. Wir haben nichts zu verbergen oder zu verheimlichen.

5. Wir weisen vorsorglich darauf hin, dass zwischen der Kopie eines Originalberichtes einerseits und der offenbar systematischen Verbreitung andererseits kein Zusammenhang bestehen muss.

In dem Schreiben der vier Ratsfraktionen heißt es u.a. “Dieser Bericht war von Beginn an von allen Informierten vertraulich zu behandeln. Als einzige Ausnahme galt die fraktionsinterne Information.” Hierzu erkläre ich, dass die GAL-Fraktion den Bericht vertraulich behandelt und lediglich zum Zweck der fraktionsinternen Information genutzt hat.

Weiterhin wird in dem offenen Brief ausgeführt, dass “die GAL ihre Pflicht zur Verschwiegenheit in vertraulichen Angelegenheiten durch diese Art der Veröffentlichung verletzt (hat)”. Hierzu stelle ich fest, dass die unterzeichnenden vier Fraktionen Beschuldigungen erheben, für die es weder Hinweise noch Beweise gibt.

Im Weiteren heißt es, dass “für die Folgen der öffentlichen Verdächtigungen nur die GAL selbst verantwortlich (ist)”. Hierzu erkläre ich, dass die Folgen der öffentlichen Verdächtigungen beschämend und unerträglich sind: Es ist vollkommen inakzeptabel, dass in unserem Rechtsstaat für einen Beschuldigten die Unschuldsvermutung keine Gültigkeit mehr besitzt. Es ist erniedrigend, dass ein öffentlich an die Wand gestellter, absolut rechtschaffender Bürger in einem Kaufhaus bespuckt wird. Dass er von seinen Schülern gefragt wird, ob er ein ‚Betrüger’ sei, wie es in den Zeitungen stehen würde.

Es mag Ihnen anders ergehen, aber mich erfüllen solche Erfahrungen mit Scham und Abscheu.

Die Ursache für die derzeitige, öffentliche Betrachtung fußt auf drei Säulen:
1. ein Oberstaatsanwalt, der sich der Wirkung der Informationen, die er öffentlich weitergibt, offenbar nicht bewusst war;

2. eine Informationspolitik der Oberstaatsanwaltschaft “durch die Hintertür”, die es billigend in Kauf nimmt, dass ordentliche Verfahrenswege völlig außer Acht gelassen werden und

3. ein politisch-motiviertes Verhalten einer Ratsmehrheit, das darauf abzielt, der GAL-Fraktion die Verantwortung für die Verbreitung des KPMG-Prüfberichtes zuzuweisen – ohne jede Beweisführung, Befragung oder Beteiligung;

Schlussendlich fordert man die GAL auf, “die Verantwortung für die unautorisierte Veröffentlichung (des KPMG-Prüfberichtes) zu übernehmen (…) und die Konsequenzen aus Ihrem Fehlverhalten zu tragen”. Hierzu erkläre ich, dass die GAL fortwährend bereit ist, Verantwortung für ihr politisches Handeln zu übernehmen. Dass wir für die Verbreitung des KPMG-Berichtes keine Verantwortung übernehmen können, weil wir keine Kopien an öffentlichen Orten ausgelegt haben, ergibt sich aus meinen Ausführungen.

Hier im Bürgersaal des Rathauses befindet sich ein großer Teil der in der GAL-Fraktion Handelnden. Sie wollen Ihnen in die Augen schauen. Sie stellen sich Ihren Beschuldigungen, die auf Behauptungen, nicht aber auf Beweisen beruhen.

Wir sind stets bereit, Verantwortung für das Leben in Steinfurt zu übernehmen. Aber wir weisen zu Recht jede Verantwortung von uns für Vergehen, für die wir die Verantwortung nicht tragen.

Es erschreckt mich, dass Sie bereit sind, Zusammenhänge zu konstruieren und die GAL zu kriminalisieren! Sie verurteilen vor und treten die jedem Menschen zugebilligte Unschuldsvermutung mit Füßen!

Das mag ihr Weg sein. Der Weg der GAL ist es nicht.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

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Offener Brief an die GAL-Fraktion


“Die nachfolgenden Fakten und das Verhalten der GAL zur Veröffentlichung des KPMGBerichtes machen uns zurzeit die Zusammenarbeit mit der GAL-Fraktion unmöglich:Die Staatsanwaltschaft Münster hat bestätigt, dass das kopierte Exemplar des KPMG-Untersuchungsberichtes zu den Vorgängen bei den Stadtwerken, das an verschiedenen Stellen in Steinfurt ausgelegt und der Presse zugespielt wurde, eindeutig der GAL zuzuordnen ist.Dieser Bericht war von Beginn an – und ist es auch immer noch – von allen Informierten vertraulich zu behandeln. Als einzige Ausnahme galt die fraktionsinterne Information.Die GAL hat ihre Pflicht zur Verschwiegenheit in vertraulichen Angelegenheiten durch diese Art der Veröffentlichung verletzt. Damit drückt die GAL ein nicht hinzunehmendes Verständnis vom Umgang mit nichtöffentlichen Informationen aus. Alle Fraktionen im Rat und die Bürger müssen sich darauf verlassen können, dass die Vertraulichkeit unter allen Umständen gewahrt ist.Wir weisen die Behauptung der GAL, „dass durch die aktuelle Diskussion die Aufarbeitung des Stadtwerke-Skandals in den Hintergrund geraten soll und Handelnde froh darüber sind, Gefechte auf Nebenkriegsschauplätzen zu eröffnen, um so von eigenen Fehlern abzulenken” scharf zurück. Es ist unbestritten, dass die Vorgänge bei den Stadtwerken und die Verantwortlichkeiten dafür aufgeklärt werden müssen. Eine vorzeitige Veröffentlichung eines noch nicht aufgearbeiteten Untersuchungsberichtes ist kontraproduktiv und führt zu billigend in Kauf genommenen vorschnellen öffentlichen Schuldzuweisungen.Sie hatten und haben die Verpflichtung, die Informationen aus dem KPMG-Bericht, die Ihr Sachkundiger Bürger Ihnen weitergegeben hat, geheim zu halten. Insofern haben Sie eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Sachkundigen Bürger. Für die Folgen der öffentlichen Verdächtigungen ist nur die GAL selbst verantwortlich.Eine vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit im Rat und seinen Ausschüssen ist mit einer Fraktion, die ihrer Pflicht zur Verschwiegenheit nicht nachkommt und eigene Fehler zum Anlass nimmt, andere anzugreifen und damit von sich abzulenken, unmöglich.Deshalb fordern wir Sie auf, die Verantwortung für die anonyme Veröffentlichung endlich öffentlich zu übernehmen und die Konsequenzen aus Ihrem Fehlverhalten zu tragen.Dazu fordern wir von Ihnen bis zur nächsten Ratssitzung eine öffentliche Erklärung, in der Sie die Verantwortung für die unautorisierte Veröffentlichung übernehmen. Wir fordern weiterhin, dass Sie die Unterstellung unterlassen, dass andere Fraktionen, die sich an ihr Verschwiegenheitsgebot gehalten haben und nach wie vor halten, die Vorgänge um die Stadtwerke nicht aufklären, sindern vertuschen wollen.Für die Zukunft erwarten wir, dass die GAL diese Art der öffentlichen Information unterlässt und vertrauliche Informationen nicht nach politischem Kalkül handhabt.

Steinfurt, 14.09.2008 D. Viefhues (CDU), H. D. Makus (SPD), F. Kohne (FDP), L. Kannen (Bündnis90/Die Grünen)