Atomtransport durch Steinfurt!

2003-09-30 Offener Brief der GAL an den Bürgermeister

Grün-Alternative Liste (GAL) Steinfurt
Fraktion im Rat der Stadt

An

Herrn Bürgermeister Franz-Josef Kuß

– per Mail –

Steinfurt, den 30. September 2003

Sehr geehrter Herr Kuß,

Bürger der Stadt Steinfurt haben sich in Sorge an unsere Fraktion gewandt, da sie am vergangenen Donnerstag (25. September) Zeuge eines Transportes radioaktiven Materials durch das Stadtgebiet Steinfurts geworden sind. Sie berichten, dass gegen 20.00 Uhr ein auffällig langer Zug mit geringer Geschwindigkeit die Banstrecke von Gronau in Richtung Münster befuhr. Die Wagons seien mit Warnhinweisen auf “radioaktive Stoffe” versehen gewesen. Im Stadtteil Borghorst sei der Zug zirka eine halbe Stunde zum Stehen gekommen.

Auch Atomkraftgegner aus dem Münsterland haben den entsprechenden Transport beobachtet und die GAL Steinfurt informiert. Nach bisherigen Erkenntnissen handelte es sich bei der Fracht des Zuges um 800 Tonnen Uranhexafluorid, die in den 16 Wagons von Gronau nach Münster und nach dortigem Rangieren über MS-Coerde und Sprakel nach Rheine transportiert wurden. Von dort aus wurde das hochradioaktive Material zum niederländischen Hafen Rotterdam gefahren, um anschl. nach Rußland verschifft zu werden.

Weder in der letzten Sitzung des Stadtrates noch in den darauffolgenden Tagen ist die Öffentlichkeit und die Politik in Steinfurt über diesen Transport informiert worden. Hierin sehen wir einen deutlichen Verstoß gegen einen gültigen Beschluß des Rates aus dem Jahr 1997, in dem entsprechende Transporte über das Gebiet der Stadt Steinfurt grundsätzlich abgelehnt wurden und die die Stadtverwaltung beauftragt wurde, die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig über die Durchführung solcher Transporte zu informieren.

Wir fordern Sie als Bürgermeister der Stadt mit Nachdruck auf, bei den entsprechenden Stellen, Ämtern und Behördern gegen diese Transporte zu protestieren. Zuletzt entgleiste Mitte dieses Jahres in den Niederlanden ein solcher Urantransport. Ohne die potentiellen Gefährdungen zu dramatisieren muß ein solcher Vorfall Anlaß genug sein, mögliche Gefahren auch für die Steinfurter Bevölkerung auszuschließen!

Die Stadt Steinfurt – mit ihren Bahnverbindungen zwischen dem UAA-Standort Gronau und dem Oberzentrum Münster – darf nicht Teil eines Verbindungsnetzes für Transporte hochradioaktiver Stoffe werden! Das in der UAA Gronau angereicherte Uran dient zu einem erheblichen Anteil der Versorgung von Atomkraftwerken im Ausland – vor allem in den USA und Rußland. Auch die geplante Kapazitätserweiterung in Gronau wird angestrebt, um Atomanlagen international mit Uranhexafluorid zu versorgen. Es ist also zu befürchten, dass der jüngste Transport nicht der erste seiner Art gewesen ist und die Bahnstrecke Enschede – Münster in Zukunft regelmässig entsprechend genutzt bzw. mißbraucht werden soll.

Wir bitten Sie, sich in Vertretung der Stadt Steinfurt hiergegen zu wehren und alles dafür zu tun, die Bürgerinnen und Bürger im Wiederholungsfall frühzeitig über die Durchführung eines Transportes solch hochradioaktiver Gefahrgüter zu informieren. Nehmen Sie die begründeten Sorgen und Ängste der Steinfurter ernst und setzen Sie sich dafür ein, dass unsere Bürger nicht unnötig Gefährdungen ausgesetzt werden!

Mit freundlichen Grüßen,

Manfred Rowedda/ Christian Franke

zur Antwort vom 14.10.2003