Haushaltsrede 2003/ 2004 – II. Teil

Grün-Alternative Liste (GAL) Steinfurt
Fraktion im Rat der Stadt Steinfurt

 

Haushaltsrede 2003/ 2004 – II. Teil

Steinfurt, den 16. Oktober 2003

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

meine Damen und Herren!

Über den Doppelhaushalt 2003/ 2004 ist viel geredet worden; die Vertreter der Lokalpresse, von radio rst und des WDR haben stets über aktuelle Entwicklungen berichtet – und hierfür möchte ich Ihnen im Namen meiner Fraktion bereits an dieser Stelle herzlich danken.

Der Bürgermeister hat alleine drei Reden zur Einbringung des Etats für 2003 gehalten, die Fraktionen haben ihre Statements im Juni schon einmal vorgetragen. Nun ist aber in den letzten vier Monaten einiges passiert:

    • die Verwaltung – und hier sind insbesondere Frau Melchers und die Herren Altehenger und Benson zu nennen – hat der Politik einen rechnerisch ausgeglichenen, genehmigungsfähigen Etatentwurf vorgelegt;

 

    • die Fraktionsspitzen haben sich einvernehmlich darauf verständigt, diesen Entwurf in ihren Reihen zu vertreten und für den gemeinsamen Sparkurs zu werben;

 

    • die ersten von Kürzung und Streichung betroffenen Verbände, Vereine, Initiativen und Institutionen sind über die notwendigen Maßnahmen informiert; sie sind gebeten worden, ihren Beitrag zur Reduzierung von Ausgaben zu leisten;

Der nun vorliegende Haushaltsentwurf erkennt in weiten Teilen an, dass sich die Stadt Steinfurt – wie viele andere Kommunen auch – in diesen Zeiten auf das Notwendige und unbedingt Erforderliche konzentrieren muß. Unverzichtbares Engagement im Bereich von Freizeit, Sport, Jugend und Kultur wird zwar weiterhin gefördert – aber in einem deutlich geringeren Umfang als bisher. Wir hoffen, dass die gewachsenen Strukturen, die zahlreichen Angebote dadurch nicht in ihrer Existenz gefährdet werden. Der Rasenmäher, der bei der pauschalen Kürzung freiwilliger Leistungen um weitere 20 Prozent angesetzt wurde, ist sicherlich der konfliktloseste Weg – er beantwortet die Frage danach, was sich Steinfurt noch leisten kann nur unbefriedigend: “Alles – aber nur etwas günstiger.”

Damit sind wir auch bei all den Unwägbarkeiten, die mit dem Doppelhaushalt verbunden sind:

    • ob der Doppelhaushalt die Ergebnisse der nächsten Steuerschätzung verkraftet, darf bezweifelt werden;

 

    • ob der Bäderbetrieb trotz der Kürzung von 270.000 Euro die vorhandenen Schwimmbäder mittel- und langfristig unterhalten kann, ist fraglich;

 

    • wie Verkehrsverein und Stadtbücherei die massiven Kürzungen auffangen sollen, ist unklar;

 

    • wie lange der Feuerwehr das Gerätehaus in Burgsteinfurt noch zugemutet werden kann, steht in den Sternen;

 

    • welche Sanierungsmassnahmen in den nächsten Jahren an den Schulen vorzunehmen sind, ist heute noch nicht abzusehen. Allein die PCB-Untersuchungen an den Realschulen können die Stadt in Handlungszwang bringen.

 

Und so ist der nun vorliegende Haushalt nicht mehr – aber auch nicht weniger – als ein vorläufiges Konzept, das die Stadt aus dem Nothaushalt in das nächste Haushaltssicherungskonzept führt.

Allein eines dürfte in den zurückliegenden Monaten klar geworden sein: Für wünschenswerte, aber nicht finanzierbare Projekte reicht allein der politische Wille nicht aus. Weder für das Sportzentrum an der Liedekerker Straße in Burgsteinfurt noch für den Websaal III in Borghorst stehen der Stadt Gelder zur Verfügung. Und hierzu bräuchte es auch nicht – wie von der SPD in der letzten Haushaltsrede gefordert – nur etwas mehr positiver Denkweise und Optimismus, es bräuchte Bares – und das hat die Stadt nun einmal nicht.

Sportzentrum Burgsteinfurt

Dass der SVB durch das Warten, Taktieren und Hinhalten besonders hart getroffen wird, ist mehr als bedauerlich. Während FWS, FDP und GAL sich von Anfang an für eine Sanierung und Erweiterung des bestehenden Jahnstadions ausgesprochen haben, nährten CDU und SPD die Hoffnungen des Vereins, einen Neubau schon irgendwie finanzieren zu können. Nun wird weder aus dem Neubau eines Stadion noch aus der Erweiterung am derzeitigen Standort etwas. Dieses auch noch als politischen Erfolg verkaufen zu wollen, da man ja dadurch die Option auf eine Verlagerung in den nächsten Jahren offen halte, ist der Versuch, die Betroffenen erneut zu verschaukeln.
Websaal III

Der Umbau des Websaals zu einem Bürgerzentrum wurde auch von unserer Fraktion lange unterstützt. Wir müssen allerdings akzeptieren, dass sich unsere Stadt auch dieses Vorhaben nicht leisten kann. Selbst wenn die Umsetzung unter Einrechnung des Immobilienwertes und des unglaublichen Engagements des Kulturrings sowie der musiktreibenden Vereine noch zu leisten wäre, würden die Unterhaltungs- und Folgekosten die nächste schwere Hypothek für den städtischen Haushalt darstellen. Und auch hier der Hinweis an CDU und SPD: Die Bürger verlangen von uns Investitionen in die Zukunft? Die Bürger haben ein Recht auf (Haushalts-)Wahrheit – und die läßt die Übernahme zusätzlicher freiwilliger Leistungen einfach nicht zu!

Wahrheit ist das Stichwort, unter dem wir uns auch ihnen, Herr Kuß, in diesem Zusammenhang noch einmal zuwenden wollen: In Ihrer Rede zur Einbringung des Haushalts haben Sie erklärt, auch Sie hätten “bis zuletzt” an den sog. Großprojekten festgehalten und sich “mit aller Kraft für ihre Realisierung eingesetzt”. Auch wenn Sie hierbei auf das Kurzzeitgedächtnis der Bürger setzen und hoffen, damit punkten zu können, erinnern wir Sie gerne daran, dass Sie im Haushaltsentwurf für das Jahr 2003 weder für das Sportzentrum an der Liedekerker Straße Mittel veranschlagt hatten und der Websaal III lediglich als Einnahmeposition kalkuliert war. Sie wollten beide Projekte – ebenso wie die Regionale im Bagno – zumindest zwischenzeitlich nicht. Der Druck von CDU und SPD hat Sie zu einem vorübergehenden Befürworter werden lassen.

“Leere Kassen sind der beste Umweltschutz”, so die Erkenntnis des ehemaligen Kämmerers der Stadt Frankfurt. Und so sind in diesen Zeiten weitere Planungsmittel für die Westtangente in Burgsteinfurt zu streichen. Auch dieses Prestigeprojekt dürfte Dank des Widerstands vieler BürgerInnen und der leeren Stadtkasse langfristig zu den Akten gelegt werden. Unserem Antrag, weitere Mittel hier einzusparen und für das Notwendige aufzuwenden, ist der Haupt- und Finanzausschuß nicht gefolgt.

Wir wissen, dass die Sparmassnahmen im Doppelhaushalt 2003/ 2004 einschneidend sind und haben unsere Bereitschaft auch zur Vertretung unpopulärer Entscheidungen deutlich erklärt – im Gegensatz zu SPD und CDU, die sich bis zu dieser Woche in vornehmer Zurückhaltung und beharrlichem Schweigen geübt haben.

Ein Konsolidierungshaushalt kann aber nur dann überzeugen und die BürgerInnen auf dem Weg von Reduzierung und Verzicht mitnehmen, wenn die Bereitschaft zu Mäßigung und Einsparung der unveränderliche Maßstab für Ratsentscheidungen wird. Nach der jüngsten Ratssitzung bestehen hierzu massive Zweifel:

    • so wurde beschlossen, die Barocke Achse aus Mitteln der Regionale 2004 zu rekonstruieren und dadurch eine Investition von 450.000 Euro umzusetzen, die jährliche Folgekosten weiterer 10.000 Euro nach sich zieht. Sowohl der kommunale Eigenanteil der Investition von 90.000 Euro als auch die Folgekosten für mindestens 20 Jahre hätten gespart werden müssen;

 

    • so wurde beschlossen, einige tausend Euro Steuergelder für die Erstellung eines FFH-Verträglichkeitsgutachtens zum Neubau eines Hotels im Bagno auszugeben – die Subventionierung eines rein privatwirtschaftlichen Interesses aus einer gähnend-leeren Stadtkasse;

 

    • an die noch immer ausgewiesenen Mittel für die Westtangente habe ich hingewiesen – ein Projekt, dessen Umsetzung in den Sternen steht, für das aber weitere Planungskosten herausgeschmissen werden sollen;

 

Wir als GAL-Fraktion sehen die Glaubwürdigkeit der Sparbekundungen angesichts solcher Beschlüsse massiv in Frage gestellt. Wer glaubt, dieses Vorgehen durch seine Zustimmung zum Haushaltsentwurf erklären zu können, möge dem Doppelhaushalt zustimmen. Wir können es nicht.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.