2004-12-09 Pressebericht
Hartz IV bewegt die Menschen – und hinter jedem einzelnen Fall steht ein persönliches Schicksal. Das wurde während der Informationsveranstaltung des GAL-Stadtverbandes am Donnerstagabend im ‚Lindenhof’ deutlich: “Ich habe 30 Jahre in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt und soll zukünftig gerade einmal 311 € Arbeitslosengeld im Monat erhalten”, so einer der 30 Anwesenden. “Mein Haus habe ich abbezahlt. Das ist nun mein Nachteil, denn ansonsten bekäme ich zumindest noch einen Zuschuss für meine Unterkunft”, so ein anderer Teilnehmer. Für Karl-Heinz Hagedorn, Geschäftsführer der GAB, zählen diese Menschen zu den Verlierern der Arbeitsmarktreform, die zum 01.01. des kommenden Jahres in Kraft tritt.
Gemeinsam mit Thomas Tenamberge, Fachberater des Landesverbands des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes (DPWV), erläuterte Hagedorn auf Einladung der Grün-Alternativen Liste (GAL) die vielschichtigen Konsequenzen der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Allein im Kreis Steinfurt werden durch Hartz IV jährlich 125 Mio. € umgeschichtet – für Hagedorn “die größte Sozialreform Europas”. 42 Fallmanager und Vermittler werden Arbeitslose gezielt und individuell in Qualifizierungs- und Eingliederungsmaßnahmen oder Arbeitsgelegenheiten (sog. 1 €-Jobs) vermitteln, immer in Abstimmung mit den Betroffenen selbst. In der Stadt Steinfurt selbst werden drei Fallmanager ihre Büros im Rathaus beziehen und zwei Vermittler im Gebäude der Deutschen Bank im Stadtteil Burgsteinfurt tätig sein. “Und ich bin froh darüber, schon heute versichern zu können, dass es bei der Auszahlung der Leistungen keine Probleme geben wird”, hob Hagedorn die gute Vorarbeit hervor. Die GAB werde als Dienstleister tätig sein: “Kurze Verwaltungswege und kundenorientiertes Handeln”, so das Credo der Gesellschaft. Thomas Tenamberge kritisierte, dass die zugestellten Bescheide für die Betroffenen wenig transparent seien und ermutigte sie, sich bei Unklarheiten an die zuständige Agentur für Arbeit zu wenden: “Die Behörde ist in der Pflicht, erschöpfend Auskunft zu geben.”
Mit Sorge betrachtet die GAB die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt: So sei die Zahl der sozialversicherungspflichtig Angestellten im letzten Jahr um 2.000 zurückgegangen, die Zahl der Minijobs enorm angestiegen. Und noch immer sei nicht klar, was mit den rund 1.000 Menschen im Kreis geschehen soll, die von einer Reha-Maßnahme betroffen seien – “ein bundespolitischer Skandal”, kritisierte Hagedorn das Fehlen entsprechender Planungen.
Die GAL unterstrich am Ende der engagierten und lebhaften Diskussion die Kritik, dass Hartz IV für viele Betroffene zu dramatischen Verschlechterungen führe. “Die Chancen, die in der konkreten Vermittlung vor Ort liegen, müssen daher umso konsequenter genutzt werden”, so GAL-Sprecherin Ingeborg Rowedda.
Karl-Hein Hagedorn in der Diskussion mit den Anwesenden | Foto: BB |