Landraub in Steinfurt!

Worauf kann man sich in Steinfurt aktuell eigentlich noch verlassen? In Sellen machen Landwirte hierzu gerade dramatische Erfahrungen: von einem auf den anderen Tag werden sie enteignet, Teile ihres Eigentums befinden sich ab sofort nicht mehr im eigenen Besitz, sondern im Besitz des Kreises. „Ohne eine Entschädigung in den Händen müssen Sie nun auf die ersten Flächen für vorzeitige Ausgleichsmaßnahmen zum Bau der Westtangente verzichten. „Wer unter Gewaltandrohung jemanden etwas wegnimmt, begeht Raub. Das wiegt“, so führt GAL-Ratsmitglied Gebhard Niehus aus, „strafrechtlich bekanntlich schwerer als Diebstahl“. Der Kreis geht diesen Schritt und die Politik in Steinfurt schaut tatenlos zu – so die Kritik der GAL-Fraktion.

Es geht um Privatbesitz, um Ackerland, das seit Generationen von den betroffenen Familien bewirtschaftet wird. Existenzen, die geschaffen und erhalten wurden. Und nun durch Landraub zerstört werden. „Das kann doch durch die Steinfurter Politik nicht wirklich beabsichtigt sein“, ist GAL-Fraktionssprecher Christian Franke noch immer fassungslos über die jüngsten Ereignisse.

„Die Westtangente ist eine Umgehungsstraße, die in einer Zeit zur Idee wurde, als intelligente, zukunftstaugliche und ressourcenschonende Verkehrsentwicklung noch Fremdworte waren“, erinnert Manfred Drunkenmölle. Beton und Straßenbau als einziger Gedanke, Verkehr lenken zu können. Entsprechend wechselvoll auch die herangezogenen Begründungen in der Vergangenheit: kläglich gescheitert als Trasse mit überregionaler Bedeutung, als wesentlicher Faktor für eine boomende FH gefeiert und doch verzichtbar. Nun wird aktuell die Unfallstatistik auf der Leerer Straße herangezogen, um die Westtangente durchsetzen zu können. „Wahr ist wohl“ stellt Anne Niehus von der GAL fest, „dass es dort auf den Radwegen vermehrt durch abbiegende Pkw zu Unfällen mit Radfahren kommt. Die Ursache hierfür ist jedoch nicht die fehlende Westtangente, sondern die Bauart der Straße, an der Radfahrer zu wenig Schutz genießen. Dieser Missstand wird allerdings nicht durch die Westtangente gelöst.“ Der Kreis hätte an dieser Kreisstraße längst tätig werden können – ja sogar müssen! Die GAL hat erhebliche Zweifel an der Eilbedürftigkeit der Maßnahmen und keinerlei Verständnis für die Enteignung von Steinfurter Bürgern.

Wer der FH während ihrer Erweiterung helfen möchte, braucht hierfür die Westtangente nicht: der entsprechende Bauverkehr ist ein zeitlich begrenztes Problem. Dies lässt sich, wie anderswo auch, durch eine provisorische Baustraße hinter der FH lösen. Wir sind uns sicher, dass man hier eine Lösung mit den Landwirten gefunden hätte. An einer konstruktiven Lösung mit den betroffenen Landwirten zu arbeiten – das sei Auftrag aller Beteiligten.

Bürgermeisterin Claudia Bögel-Hoyer aber auch die Politik vor Ort müssen nun Farbe bekennen und erklären, ob sie derartige Eingriffe in den Privatbesitz von Bürgern – wie nun vom Kreis initiiert – billigend in Kauf nehmen wollen: niemand darf sich hier länger verstecken oder peinlich-berührt wegducken! Wenn der Stadtrat in der kommenden Woche den kommunalen Eigenanteil in den Haushalt einstellt, erklärt sich die Lokalpolitik mit dem Vorgehen des Kreises und den Enteignungen einverstanden. “Wir hoffen”, dass man zumindest vor Ort die Landwirte nicht zum Opfer dieses Landraubs werden lässt”, so die GAL abschließend.