Wer Menschen wie Bertha Adler begegnet, wird sie so schnell nicht vergessen. Bertha Adler ist in Kasachstan geboren, hat in Steinfurt eine neue Heimat gefunden, viele Jahre in der Pflege gearbeitet und erwartet Bürgermeisterkandidaten Christian Franke zwischen Obst- und Gemüseregalen in den Räumen der Steinfurter Tafel im ehemaligen Lebensmittelgeschäft ‚Hassmann‘ an der Bahnhofstraße.
Christian Franke ahnt noch nicht, wie nachhaltig das Aufeinandertreffen mit Bertha Adler ihn bewegen wird. Zunächst ist er mit Antje Herz verabredet, die gemeinsam mit Harry Agethen und Hans-Bernd Haverkock den Betrieb der Tafel in Steinfurt verantwortet und organisiert. Eine beachtliche und essentielle Herausforderung: rund 150 ehrenamtliche Kräfte stellen sicher, dass 500 Haushalte – und somit rund 1.800 Menschen – hier an der Bahnhofstraße mit Lebensmitteln versorgt werden. Die Aktiven der Tafel, als ökumenisches Projekt in Trägerschaft der katholischen Kirche, sind an fünf Werktagen im Einsatz – sie holen Lebensmittel mit den zwei eigenen Kühlfahrzeugen an Supermärkten in Horstmar, Laer und Steinfurt ab, lagern sie ein, bereiten sie für die Ausgabe vor und stehen parat, wenn sich die Kundinnen und Kunden an den drei Ausgabetagen (Montag- und Mittwochnachmittag sowie Freitagvormittag) an der Bahnhofstraße einfinden.
Mal bilden sich lange Schlangen, mal geht es etwas beschaulicher zu. „Heute ist der Ansturm durchschnittlich“, erwartet Antje Herz. Das kommt Bürgermeisterkandidat Christian Franke entgegen – noch weiß er nicht genau, wie er sich nützlich und das eingespielte Team der Tafel unterstützen kann.
Wenige Minuten später hat er seinen Platz gefunden – fernab der Tiefkühlprodukte in der Abteilung Obst und Gemüse. An seiner Seite: Bertha Adler. Eine starke Frau, die offenbar jede Kundin und jeden Kunden persönlich kennt, deren Lebenssituation einzuschätzen weiß und immer wieder die persönliche Ansprache nutzt, um in Kontakt zu treten. Auf Bertha Adler kann sich Christian Franke verlassen: wer viele Menschen versorgen muss, kann auf zusätzliches Obst setzen, wer für Kinder verantwortlich ist, darf eine Ananas, Honigmelone oder Weintrauben mit nach Hause nehmen. „Heute haben wir nicht allzu viel abzugeben“, höre ich Bertha Adler immer wieder. Recht hat sie offenbar: die Regale leeren sich in beachtlicher Geschwindigkeit.
Bürgermeisterkandidat Christian Franke ist derweil im Gespräch mit Romina. Sie ist alleinerziehend, ein Minijob die einzige Chance, Geld zu verdienen. „Ohne die Tafel würde ich nicht über die Runden kommen. Ich bin froh hierher kommen zu können“, erklärt sie.
So sind es viele Einzel- oder Familienschicksale, die an der Tafel anzutreffen sind. Und die Menschen wie Bertha Adler und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter brauchen, um gut funktionieren zu können. Christian Franke hat an diesem Tag die beachtliche Not von Menschen in unserer Stadt erfahren und hofft „dass sich Menschen vorstellen können, sich hier einzubringen: ein Anruf bei der Tafel genügt, etwas wirklich Sinnvolles im Rahmen der eigenen Möglichkeiten einzubringen“. Das würde auch Menschen wie Bertha Adler freuen.