Es ist ein wenig Berlinale-Flair, das rund um das Kino in Steinfurt am Freitagabend entsteht: der rote Teppich ist ausgerollt, die Stars des Abends haben sich mächtig in Schale geworfen, Fotografen halten die Kamera gezückt, um alle wichtigen Momente im Bild festzuhalten. Im Kino hat Lisa Althoff gekühlte Getränke für einen standesgemäßen Empfang vorbereitet. Alle wissen, dass sie miteinander gerade etwas ganz Besonderes erleben.
‚Dämmerland‘ hat an diesem Abend Premiere im Steinfurter Kino – ein Film, erdacht und gemacht von 17 Jugendlichen aus Steinfurt. Initiiert von der GAL Steinfurt, die junge Menschen motiviert hat, dieses Vorhaben in die Hand zu nehmen und zu ihrem Projekt zu machen
Die 17 Teens haben sich eingelassen und Ideen zum Leben in der Zukunft entwickelt. Ein Leben, in dem für Herkömmliches und Vertrautes kein Platz mehr ist, in dem stattdessen neue Technologien selbstverständlich sind – so wie der Umstand, dass man einen implantierten Chip trägt und Wissen nicht über alltägliche Lebenserfahrung sondern über zugeführte Kapseln anreichert, nationale Regierungen längst abgeschafft sind, stattdessen die Vereinigten Nationen als bestimmende Behörde daherkommt. Schon irritierend, wenn Du das alles schon jetzt erahnst, weil Du über eine KI-gesteuerte Linse in die Zukunft schauen kannst.
Im Kinosaal macht sich große Betroffenheit breit: die Erzählung erscheint ungewöhnlich mächtig, die cineastische Darstellung aller Mitwirkenden erschreckend gut.
Soll so das Leben in der Zukunft aussehen? Ein Leben in Distrikten – unüberwindbar getrennt von Menschen anderer Klassen? Soll ausgemustert werden, wer nicht zum mainstream passt – gegebenenfalls auf den Mond? Oder ins Tal der Vergessenen? Hauptsache: weg von hier?
Alle im Kinosaal sind am Ende des Films tief bewegt. Der Applaus und die Anerkennung für dieses Projekt sind jedoch gewaltig, anhaltend, laut und bewegend. Steffi Franke und Matthias Diekjakobs setzen alle Beteiligten noch einmal ins Rampenlicht: es gibt minutenlangen Applaus! Dr. Barbara Herrmann vom Kulturforum Steinfurt meldet sich zu Wort, zollt allen Beteiligten höchsten Respekt und macht ihnen Mut: „Nehmt euer Leben in die Hand, macht euch stark und gestaltet eure Zukunft aktiv mit!“
Dann schauen Alle auf einen Mann, ohne den es diesen Film nicht gegeben hätte. Er ist angereist mit seiner Frau Lisa. Klaus Uhlenbrock gönnt das Rampenlicht unzweifelhaft den jugendlichen Mitwirkenden. Und doch gilt der Applaus nun nur ihm.
Die Tore des Kinos öffnen sich – Zeit für eine gemeinsame Party und Autogrammstunde. Es ist halt wie auf der Berlinale an diesem Abend im Steinfurter Kino.